Verkrampftes Verhältnis zur Natur

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Oval 5

Verkrampftes Verhältnis zur Natur

Beitrag von Oval 5 »

Tierschutz ist ja deutlich davon abhängig, wie man einen Situation einschätzt.
Was nimmt man als normal wahr, was nicht. Was ist natürlich, was nicht...
Friert der Hund bei Regen? Dieser Hund - jeder Hund.... ? Je nach dem, wie wir
diese Fragen beantworten fällt unsere Beurteilung der jeweiligen Sitation aus.

Um uns auf solche Fragen eine einigermaßen passende Antwort zu finden,
brauchen wir ein grundlegendes Verständnis von Natur und natürlichen Verhalten.
Etwas, was anscheinend zunehmend verloren geht, glaubt man den Ausführunge
in Katrin Blawats Artikel aus der Süddeutschen von vor ein paar Tagen über Kinder
und ihr Verhältnis zur Natur.
Aus dem interessanten Artikel hier ein paar einzelne Zitate, die mir besonders ins
Auge gefallen sind und von denen sich viele inhaltlich bei weitem nicht nur auf Kinder
beschränken.

Ein Thema das ich gerne mit Euch diskutieren würde. Welche Aspekte fehlen noch
im Artikel, die Ihr für wichtig haltet? Wodurch meint Ihr, entsteht eine Entfremdung
zur Natur? Was fällt Euch sonst ein...?
sueddeutsche.de, 11.08.2011 hat geschrieben:
Kinder
Verkrampftes Verhältnis zur Natur
11.08.2011, 11:31
Von Katrin Blawat

Sie können die Folgen des Klimawandels referieren, aber sie fürchten sich vor Käfern,
benehmen sich im Grünen wie im Museum und verlieren ihre Neugier auf echte Pflanzen
und Tiere. Etwas läuft falsch im Verhältnis zwischen Kind und Natur............

"..........Wenn Kinder Bäume für verbotene Zonen halten, sie aber gleichzeitig die Folgen
des Klimawandels referieren können, wenn sich zwei Drittel der Kinder vor einem Käfer auf
der Hand fürchten und Ruhe im Wald für das höchste Gut halten - dann läuft etwas falsch
im Verhältnis zwischen Kind und Natur.............."

"...........Viele Erwachsene verklären die Natur; alles Natürliche gilt als gut - gefährliche
Parasiten und der Löwe, der das Zebra brutal niederbeißt, werden ausgeblendet. Als Bambi-
Syndrom bezeichnet Brämer diese Haltung und sagt: "Darin zeigt sich die Naturentfremdung
weit deutlicher als in den Defiziten an elementaren Naturkenntnissen."............"

".............Zu einer heilen Natur gehören Gras, Bäume, Vogel und Schmetterling.

Das zumindest malen Lehrer in Befragungen, wenn sie Bilder zu dem Begriff Natur erzeugen
sollen. Menschen finden sich kaum in den bunten Kritzeleien.
....................... (weiter) ..........."
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Greyhound-Forum
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Re: Verkrampftes Verhältnis zur Natur

Beitrag von Greyhound-Forum »

Vielleicht ist Zeit ein Faktor?
Ich denke, viele Familien haben heute, durch die Doppelbelastung von der Berufstätigkeit beider Eltern, zu wenig Zeit, sich mit Kind und Natur auseinander zu setzen?!

Viele Nachmittage nach der Schule gehen für´s Lernen (am PC?) oder für die verschiedenen Freizeitaktivitäten wie Sport, Musikschule, Vereinsarbeit etc. drauf, ohne sich einmal draußen aufgehalten zu haben.
Fast alle Aktivitäten finden nur in geschlossenen Räumen statt. Veränderungen der Natur werden nicht mehr bewusst wahr genommen?!

Wenn ich mal von mir ausgehe – bevor ich die Hunde hatte, war ich zwar auch häufiger draußen, aber doch nicht so regelmäßig um die Veränderung der Natur von Sommer auf Herbst, oder Winter auf Frühling richtig zu erkennen und die kleinen Neuerungen aufzunehmen, die die Natur uns immer wieder zeigt.

Vielleicht ist auch das Wahrnehmen solcher Veränderungen getrübt. Durch den Einfluss virtueller Welten am PC oder Fernseh?!
Es wird so viel in den „Medien“ suggeriert, die manchmal sehr weit von der wirklichen Natur abweichen.

Mein schlimmstes Beispiel: wenn Stadtkinder denken, Kühe sind Lila, weil eben die bekannte Schokomarke diese in ihrer Werbung zeigt?!

Aber interessante Aspekte und immerhin gut, dass sich jemand damit auseinandersetzt!
Bild
Nur wer einmal seinen Windhund jagen gesehen hat, der weiß, was er an der Leine hat!
Michaela
Maren
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Re: Verkrampftes Verhältnis zur Natur

Beitrag von Maren »

interessantes Thema - kürzlich habe ich auch erst einen Artikel dazu gelesen, in dem es um "nature deficit disease" ging (die Amerikaner haben da wohl gleich wieder ein Syndrom draus gemacht ... ;)), eine Art durch "mehr Natur" behandelbare "Krankheit".
Ich weiß allerdings nicht so recht, ob eine verordnete Naturtherapie das Verhältnis zur Natur tatsächlich geraderücken kann. Es gibt eine britische Untersuchung von Sozialwissenschaftlern, die innerhalb einer Familie über Generationen untersucht haben, inwieweit sich kindlicher Bewegungs- und Freiraum eingeschränkt haben, und das Ergebnis fand ich sehr aufschlußreich. Man konnte sehen, daß es vom Großvater bis zu Enkeln und Urenkeln immer enger wurde. Ersterer durfte als Kind noch kilometerweit alleine durch den Wald zum Angeln laufen, letztere dürfen allein praktisch nur noch bis zur nächsten Strassenecke gehen.
Und wenn ich so an meine Kindheit in den 60igern, frühen 70igern zurückdenke, stelle ich fest, daß wir damals nach Schule und Hausaufgaben weitgehend uneingeschränkt waren. Niemand wollte ganz genau wissen, was wir machen und wohin wir gehen, wir hatten in der Nähe eine kleines Wäldchen zum Spielen, Felder, einen wildbewucherten Hügel, alte baufällige Ruinen (was allerdings tatsächlich nicht ganz ungefährlich war), Gärten usw.. Die Kinder, die ich hier heute so sehe, halten sich eigentlich viel im direkten Umfeld ihrer Wohnungen auf, entweder auf einem Spielplatz ... oder sie beschäftigen sich damit, Bälle gegen Wände zu ballern. Oder sie sitzen halt vorm Computer oder TV.
Oder sie sind - wie Michaela ja schon schrieb - in ihrer Freizeit weitgehend verplant (auch etwas, für das die Amerikaner einen Begriff haben: "Generation Rücksitz", weil die Kids ständig von ihren Eltern im Auto von A nach B kutschiert werden).
Ich denke, mangelnde Naturerfahrung hat also auch etwas mit verstärkter Kontrolle des persönlichen Freiraums zu tun. Und das wird sich eventuell auch nicht durch angeleitete Naturerfahrungen ausgleichen lassen, bei denen Kindern Natur auch wieder kontrolliert beigebracht wird, sie sich aber weniger spontan in ihr bewegen.

Beste Grüße - Maren
Beste Grüsse - Maren mit Lou und Willie

Horse sense is the thing a horse has which keeps it from betting on people. (W.C. Fields).
Oval 5

Re: Verkrampftes Verhältnis zur Natur

Beitrag von Oval 5 »

Was mir auffällt ist, daß ich mich zum Beispiel beim Einkaufen im Laden in der Gemüseableilung
nur durch die Preisunterschiede an die Jahreszeit vor der Türe erinnert fühle. Früher war das
anders, da gab es manches eben nur zu bestimmten Jahreszeiten. Salat im Winter war selten.
Kraut hat man im Sommer eigentlich nicht in den Regalen gefunden. Paprika hatten seine Jahres-
zeiten... Auberginen gab es nur eine sehr begrenzte Zeit.
Heute wird eben da eingekauft, wo das eine oder andere gerade wächst und dann zu uns
transportiert - als gäbe es keine Jahreszeiten mehr kriege ich das ganze Jahr über die gleichen
Dinge zu kaufen.
Gleichzeitig werden die Vorgärten nicht mehr oft als Gemüseanbauflächen genutzt. Schneckenkorn
zwischen immergrünen Stauden und Kinderrollern ersetzt die Bierfallen zwischen Salat, Tomaten und
Kräutern. Ein paar ältere Bäuerinnen in der Umgebung haben noch einen Garten vor dem Haus - das
war es dann aber sogar hier am Land.
Ein hautnahes Erleben von Natur als Lebensgrundlage wird immer seltener. Stattdessen sollen Kinder
die Äpfel am Baum neben der Straße lieber hängen lassen, weil man ja nicht wissen kann, welche
Schadstoffe sich da angereichert haben (als könnte man das bei dem Apfel aus dem Supermarkt so
genau wissen :mrgreen: )
Eigentlich kein Wunder, wenn Kinder die so aufwachsen nicht mehr einen handfesten Naturbegriff
entwickeln, oder?

Ob es eine Umkehr gibt, weiß ich nicht. Aber daß die Folgen sehr bedenklich sind, das schon.

Und richtig Maren, die Strecken, die wir von zu Hause aus weg gelaufen sind (oder später geradelt)
waren sicher weiter, als das heute üblich ist. Wobei wir bei uns zu Hause immer sagen mußten, wohin
wir fahren. Das wurde nicht weiter kommentiert geschweigedenn reglementiert, solange es im üblichen
Rahmen war, aber unsere Eltern wollten schon wissen, wo sie im Zweifelsfall suchen müßten ..
Handy gab es noch nicht. Dafür waren wir auch unerreichbar.. Etwas, was ich bis heute nicht aufgeben
möchte.
Wenn ich mit den Hunden unterwegs bin, bin ich nicht erreichbar. Ich brauche diese Freiheit dringend.
Zeiten ohne ein Piepen, Klingeln, Surren.. Motorengeräusche...Musik aus der Konserve.. Und es wird
immer schwieriger, das zu bekommen. Die Traktoren sind immer länger bis in die Nacht unterwegs,
klingelnde Telefone verfolgen einen fast ^^ Wochenenden ohne Rasenmäher sind auf den Winter
beschränkt...
shorty

Re: Verkrampftes Verhältnis zur Natur

Beitrag von shorty »

Kinder sind von Natur aus neugierig.
Nur diese Neugierde wird heute kaum noch "live" befriedigt,
sondern über "Lernspiele" oder via TV
Da findet aber kein "Erleben" mehr statt, und es gibt auch keinen "Dialog"

Hinzu kommt die Angst der Eltern, vor Schmutz, vor Keimen oder auch vor Tieren,
weil sie den Eltern selber schon unbekannt sind.
Und somit die Angst vor dem Unbekannten unbewusst übertragen.

Ich denke die "Ursache" liegt schon quasie eine Generation zurück.
Und dazu gehört die "Natur" lediglich als Ziel für den harmonischen
Wochenendausflug.
Ein Besuch im Zoo, wer weiter ging, ein Besuch im Wildpark.
Aber immer mit sauberen Toiletten und einem Imbiss dabei.

Wer von denen die jetzt junge Eltern sind, kennen ein
"Picknick" im Grünen? Eine Radtour ins "Blaue"?

Und dann kommt das "Leistungdenken" dazu.
Was "nützt" es heute noch zu wissen, welcher Pilz wo wächst und wann..
Und ob er essbar ist oder nicht.
( Pilze gibt es in der Dose )
Sprachen müssen erlernt werden und ein know-how am PC ist
unumgänglich.

Privatschulen, die natürlich bilingual unterrrichten, schießen wie eben jene
Pilze aus dem Boden,
das natürlich mit Ganztages- und Hausaufgabenbetreuung..

Die Eltern sind "fein" raus.
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