Das Leben ist kein Wunschkonzert ....

Antworten
Benutzeravatar
Greyhound-Forum
Administrator
Beiträge: 14905
Registriert: Mi 12. Jan 2011, 06:44

Das Leben ist kein Wunschkonzert ....

Beitrag von Greyhound-Forum »

Eine wahnsinnig gute Berichtertattung aus dem Leben von Kleintierpraxis Bernick auf FB

Warum Tierhalter anhaltende SCHMERZEN beim eigenen Tier immer noch und immer wieder NICHT erkennen und handeln!
Das Leben ist kein Wunschkonzert! Oder doch?! Ich tue einfach mal so als ob: 🔟 Dinge, die ich mir für den Bereich der Tiermedizin wünsche. Nummer 8️⃣ Der empfundene Schmerz unserer Tiere darf nicht bagatellisiert werden nur weil er nicht verbal kommuniziert wird!
Immer wieder werden uns Tiere mit erheblichen gesundheitlichen Problemen vorgestellt, die teilweise eine lange Leidensgeschichte hinter sich haben. Klären wir nach entsprechender Diagnostik über diesen Zustand auf, reagieren viele Tierhalter:innen geschockt und fassungslos.

Dabei sollte es doch auf der Hand liegen, dass Schmerzen beim Tier ebenso empfunden werden wie von uns Menschen! Der eklatante Unterschied besteht darin, dass die Kommunikation anders aussieht und im wesentlichen von der Feinfühligkeit der Tierhalter:innen abhängt.

Viel zu viele Tierhalter:innen sind fest davon überzeugt, dass sie ihre Tiere so gut kennen, dass schmerzhafte Zustände nicht versäumt werden können. Die Realität sieht leider oftmals anders aus!
Häufig wird das Ausmaß erst bewusst, wenn der Schmerz durch die notwendige Behandlung abgestellt wurde und die daraus resultierende Verhaltensänderung des Tieres verdeutlicht, wie stark es gelitten haben muss. Dieses Leiden geschieht still. Was haben unsere Tiere auch für eine andere Möglichkeit?!
Im Bereich der Zahnmedizin erlebe ich diese Zustände als besonders gravierend: Zahnschmerzen mit denen wir nur noch wie ein Häufchen Elend in der Ecke sitzen würden, werden vom Tier ohne massive Veränderungen im Verhalten ertragen.

Nur bei genauem Nachfragen wird dann doch klar, dass die Schmerzen teilweise schon Jahre anhalten und eben doch von außen ersichtlich gewesen sein müssen.

Wir müssen uns als Tierhalter:innen immer wieder aufs Neue sensibilisieren und kritisch hinterfragen. Denn wir sehen unsere vierbeinigen Familienmitglieder jeden Tag. Viele schmerzhafte Vorgänge geschehen schleichend und sind dementsprechend schwer zu erkennen geschweige denn zu orten. Wobei wir beim nächsten Punkt wären: Es ist unser Job als Tierärzt:innen auch nur dem leisesten Verdacht einer Schmerzhaftigkeit nachzugehen! Da wir Eure Tiere mindestens ein Mal jährlich im Rahmen eines Check Ups zu Gesicht bekommen, MUSS eine vollständige Untersuchung stattfinden. Wir müssen uns vor jeder Impfung einen Überblick über den Gesundheitszustandes des Tieres machen, um abzuwägen, ob einer Impfung nichts im Wege steht. Gebt Euch nicht mit einer halbherzigen Untersuchung oder gar einer Impfung ohne entsprechende Allgemeine und Eingehende Untersuchungen zufrieden!

Es ist nicht übertrieben jegliche (!) Verhaltensänderung als potentiell gesundheitliches Defizit anzusehen. Im Gegenteil: Immer dann, wenn Ihr als Tierhalter:innen Veränderungen bemerkt, ist es keine Option erstmal abzuwarten und zu schauen, wie sich das Ganze entwickelt. Und lasst Euch nicht abbürsten, wenn Eure Sorgen nicht ernst genommen werden. Genau so entstehen qualvolle Jahre für unsere Tiere, weil wir Menschen verschiedene Zeichen verschlafen! Und was bleibt den Tieren auch anderes übrig als einfach weiterzumachen?!
Was bei Hund und Katze immer wieder passiert, passiert bei Heimtieren wie Kaninchen und Meerschweinchen ständig: Schmerzen werden von den Tierhalter:innen nicht oder viel zu spät wahrgenommen! Von der bewussten Wahrnehmung „hier stimmt was nicht“ bis zu dem Besuch in der Tierarztpraxis vergeht häufig noch weitere (wertvolle) Zeit!
Um Euch Tierhalter:innen etwas an die Hand zu geben, sind jegliche pain scales hilfreich! Sie sind dafür entwickelt, um frühzeitig Schmerzanzeichen zu erkennen und dementsprechend handeln zu können. Diese gibt es für Hund und Katze, aber auch für Kleinsäuger wie beispielsweise Kaninchen.
Entsprechende Links findet ihr unten 👇🏼
Sätze, die mich als Tierärztin auf die Palme bringen:
🚩 „Ja die Zähne sehen nicht gut aus, aber er frisst normal!“
🚩 „Ich würde ja wohl merken, wenn Bubi Schmerzen hat - ich kenne mein Tier!“
🚩 „Sie ist schon immer so komisch gelaufen, sie hat keine Schmerzen!“
🚩 „Ich bin kein Freund von Schmerzmitteln oder jeglicher Chemie!“
🚩 „Ich habe eine Tierkommunikatorin engagiert: Luna hat keine Schmerzen. Sie mag Tierarztbesuche einfach nicht.“
🚩 „Die Zähne sind ausgefallen, was soll da jetzt noch weh tun?!“
🚩 „Ja, er/sie ist halt alt geworden, da ändern sich die Gewohnheiten halt.“
🚩 „Was bringt es denn, wenn wir wissen, dass er Arthrose hat?! Ich möchte lieber keine Röntgenbilder machen lassen.“
🚩 „Lohnt sich das in dem Alter noch?!“
🚩 „Das hat meine Haustierärztin auch schon gesagt, aber ist ja klar…ihr wollt ja alle nur Geld verdienen!“
🚩 „Mit umgerechneten 70 Jahren würde ich auch nicht mehr in den Kofferraum springen.“
🚩 „Tiere können auch Zahnschmerzen haben?!“
🚩….
Der empfundene Schmerz unserer Tiere darf nicht bagatellisiert werden nur weil er nicht verbal kommuniziert wird! Bleibt wachsam und sensibel - Eure Tiere werden es Euch danken!
Eure Johanne Bernick
Bild
Nur wer einmal seinen Windhund jagen gesehen hat, der weiß, was er an der Leine hat!
Michaela
Antworten

Zurück zu „Sonstiges“