DE: Die Galgo Identität

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DE: Die Galgo Identität

Beitrag von Greyhound-Forum »

mal wieder etwas zum schmunzeln vom "Arschlochund"
Die Galgo Identität
Wer einen Galgo hält, wird über kurz oder lang mit einer mehr (meistens das) oder weniger vorhandenen Leidenschaft dieser Rennradsattel-Gesichter konfrontiert: der Jagd.
Ursprünglich sollen die Viecher ja tatsächlich einmal zum jagdlichen Einsatz gezüchtet worden sein. So erfuhr ich es zumindest, als ich damals meinen Galgo im Tierheim zur sofortigen Mitnahme angepriesen bekam.
Seine Geschichte wurde mir allerdings etwas dramatischer dargestellt. Der arme Hund (hier bitte die Sehrohre des Galgos auf tellerminengröße geweitet und äusserst traurig schauend einfügen) war von einem Jäger an einem Baum aufgeknüpft worden. Weil - und dieser Teil der Geschichte war durchaus einmal Realität - der Hund die Ehre des vorherigen Eigentümers, seineszeichens wohl Jäger, angekratzt hatte. Das im Tierheim vor mir stehende Galgo-Exemplar hatte nämlich nicht so gut in der Jagd auf Hasen abgeschnitten. Und anstatt dem Malte-Kevin der Jagdhunde ein paar Nachhilfestunden im „Töten wie der Wind: Was ich als Galgo im Job beachten muss“ angedeihen zu lassen, hatte dieser laut Tierheim fiese spanische Jäger meine zukünftige Galgolette also nach einer schändlichen Jagd ohne Erfolg einfach aufgehangen. An einem Baum.
Weil man das da so machte, im grausigen Spanien zu der Zeit.
Damals hörte ich mir diesen Bericht an, während sich der klapperdünne hässliche Hund an mein Bein presste, und war natürlich entsetzt. Der arme Hund! Diese treuen Augen und die schiefe Nase, dieses erbärmliche Gesamtbild! Wie konnte man diesem Hund überhaupt eine solch beschwerliche Tätigkeit zumuten? Es war doch klar dass dieses zum Scheitern verurteilt war!
Ja, so habe ich tatsächlich gedacht als mir der vermutete Lebenslauf vom Galgo in weiteren Worten zuteil wurde. Allerdings, und das halte ich den Leuten aus dem Tierheim dort immer noch sehr zugute, wüsste man nicht ob das alles so stimmt. Fakt war einfach, dass Anfang der 2000er Jahre der Galgo ansich in Spanien nicht so viel zu lachen hatte, wenn der jagdlich nix drauf hatte. Es gab einige bildliche Beweise, die eben genau das dokumentierten. Aufgehängte Hunde an Bäumen, und das mitten in Europa. Ich war entsetzt und der weiche Teil meines Herzens wollte dem armen Hund fortan ein Leben bieten, was ihn diese Qualen vergessen lassen sollte. Er wäre mir für diese Großmütigkeit sicherlich bis an sein hoffentlich biblisches Alters-Ende dankbar.
Mit dieser Information und dem Rippenklavier im Gepäck startete ich also damals in meine Karriere als Tierschutz-Windhund-Halterin. Wenn ich heute zurückblicke (und das sind immerhin nun 20 Jahre) muss ich immer noch ein bisschen lachen. Wie naiv man doch an sehr offensichtliche Dinge gehen kann! Ich sollte noch einiges lernen.
Zum Beispiel die feinen Unterschiede und Bedeutungen zwischen „geht jagen“, „kann jagen“ und „Jagdhund“. Und dass man manchen Leuten, die viel mit Hunden zu tun haben, ein bisschen genauer zuhören und im besten Falle sogar mal nachfragen sollte. Vor allem, wenn einem die unterschiedliche Wortwahl zur Thematik „Jagen“ zwar auffällt, aber die Gründe der Unterschiede nicht direkt parat hat.
Mein Galgo kam also von einem Galguero. Offiziell war der für mich somit ein Jagdhund. Sagte ja auch seine Betriebsanleitung, die man als Rassebeschreibung offiziell im Internet lesen konnte. Zumindest in den Beschreibungen, die die B-Seiten der Hundrassen konsequent auslassen. In meinem Kopf war die Kombination dann recht einfach: Der federentkernte Uhu ist schnell. Er kriegt somit irgendwelche Hasis ohne Probleme zu fassen, meist verbunden mit einem 60 km/h-Sprint. Und weil er ja von einem Jäger kommt, der den zwar auf unorthodoxe Weise aussortiert hat (böse!), ist der ausgebildet und stoppt wenn ich dem das sage. Ich war wirklich der Überzeugung, dass der vom Hasen ablässt, wenn ich dem sage dass er das tun soll.
So weit, so fatal.
Meine Lernkurve sah drei Schritte bis zur Erkenntnis vor.
Im ersten Schritt liess ich den Galgo in einem von mir als schön empfundenen Spaziergebiet am Rhein laufen. Ja, ich liess den laufen. Ohne Leine. Normal kam der, so hatte ich nach einer Woche gelernt, immer zu mir zurück. Recht zügig sogar. Er hatte mich ja ausgesucht und fand mich ganz niedlich, wieso sollte er also ganz abhauen.
Außerdem hatte ich den Schlüssel zu der Hütte, wo seine Couch drin stand. Das Gebiet am Rhein war natürlich begrenzt. Auf der einen Seite durch Wasser (wer hätte das gedacht), auf der anderen Seite durch doch recht viel Naturschutzgebiet, Wald und noch mehr ökologische Wunderwerke. Ich hätte darauf kommen können, dass in solchen Habitaten Hasen wohnen. Großkaliberhasen. Hätte.
Frohen Mutes dümpelte ich spazierend vor mich hin, während der Rennradsattelkopp lustig und unbeleint um mich herum sprang und sein neues Leben genoss.
Ein paar hundert Meter weiter blieb der Rennradsattelkopp nebst seinem Astralkadaver auf einmal stehen und liess seinen Nacken auf 12 Uhr einrasten.
Das sah immer ein wenig so aus, als ob man einer sehr dünnen Giraffe per Druckbetankung Schnellzement in die Speiseröhre injiziert hätte. Stocksteif ragte die Pinzettennase in Richtung irgendwas. Die Augen zu lustigen Sehschlitzen zusammen gezogen, fixierte er einen mir nicht sichtbaren Punkt in einer weiter entfernten Galaxie.
Mir war nicht so ganz klar, was die dünne Töle da so anstarrte. Ich sah nix. Also war da auch nix. Zumindest meinte mein Hirn das.
Eine komische Uhu-Kopfbewegung später sagte mir mein Bauchgefühl, dass der Windköter vielleicht besser sehen kann als ich und da vielleicht doch etwas ist. Leider widersprach mein Hirn auch dieser Warnung des Bauches und begründete, dass der Windköter mich einfach nur foppen will und ich schön weiterlaufen soll. Da ist nix, schon gar kein Tier was der Köter jagen kann!
Ich tat, wie mir mein Hirn befahl.
Im gleichen Moment startete der Galgo durch. Leider wusste ich zu dem Zeitpunkt damals auch noch nicht, dass man einen im Anlauf befindlichen Windhund niemals durch „Halt, hier her!“-Geflöte stoppen kann. Auch nicht, wenn man es hinterher brüllt, weil man vermutet dass der Windköter es wegen der eigenen undeutlichen Aussprache vielleicht nicht richtig verstanden hat.
Jeder Versuch eines verbalen Jagdabbruches kommt ungefähr dem Versuch gleich, einen im Anflug befindlichen Skispringer mit einem Schnapsglas voll Prosecco davon überzeugen zu wollen, dass er bitte mal kurz in der Luft anhält. Damit man den Schnee in der Landezone noch kurz feudeln kann.
Ich sah also dem durchstartenden Galgo hinterher, der vom „Standbild mit Schlitzaugen“ zu „Beschleunigung eines generalüberholten Tornados“ mutiert war. Inklusive flach an den schmalen Schädel gepresste Rosenohren und Pfeifgeräusch des Windes, der wegen der abgekappten Ohren prima durch die Leere der Schädelplatte pfeifen konnte.
Danach sah ich eigentlich nichts mehr. Für einige Stunden. Der Hund war jagen gegangen. Ab und an erspähte ich am Horizont eine äußerst wütend aufflatternde Ente, die sich schimpfend und federverlierend wie ein nasser Sack auf irgendetwas zurück fallen liess. Heute denke ich noch, dass damals vielleicht der Erfinder des Spieles „Moorhuhn“ irgendwo dort bekifft auf einem Handtuch am Rhein lag und durch die vom Galgo aufgescheuchten Enten erstmals auf die Idee für dieses Computerspiel kam.
Meine Emotionen durchliefen in der Zeit, in der ich auf meinen verlustigen Windhund wartete, diverse Stadien. Von erster Sorge, ob ich das Vieh jemals wieder lebend sehen würde bis zu Kochrezepten, um die ich Freunde aus dem weiteren Ausland mit Hang zum Genuss von außergewöhnlichen Tierarten bitten wollte, war alles dabei. Aber ich blieb an Ort und Stelle - irgendetwas in mir mir sagte, dass der Windköter ja irgendwann mal genug haben müsste und dann kalt und hungrig um Geleit nach Hause anfragen würde.
Tatsächlich. Nach nur 4,5 Stunden Wartezeit, fünf mitleidsbekundende andere Hundehalter, einen Regenschauer und eine kaputt gerannte Grasnarbe später erblickte ich den Galgo, der im Stechtrab auf mich zulief. Die Zunge hing ca. 3 km aus seinem dürren langen Hals heraus und wippte lustig im Takt. Die Augen strahlten, sein Fell sah aus als ob er durch mindestens vierzig Dornensträucher gerannt war und im Selbstversuch danach eine Eigen-Fellentfernung per Panzerband probiert hätte.
Meine Laune war irgendwo bei minus 40 Grad. Das war dem Galgo aber irgendwie egal. Er berichtete, dass er nun Hunger hätte und zum Auto wolle. Da ich ebenfalls dringend nach Hause wollte packte ich den Knochensack also unter den Arm und lief los zum Parkplatz. Dort angekommen, kotzte der König der Winde beim Einsteigen recht unelegant und laut hörbar auf den Beifahrersitz und trollte sich direkt auf seine Rückbank. Vorne sitzen ging ja nicht, da hatte jemand hingekotzt.
Ich betrachtete den Beifahrersitz und erspähte in dem Kotzhaufen einen halben Maulwurf, einen Haufen undefinierter Federn, Teile eines Frosches und irgendwas mit Fell, was stark an eine Hasenpfote erinnerte. Garniert mit Galle ergab diese Zusammenstellung eine nicht unbedingt erwünschte Dekoration meines Autos. Allerdings hatte ich just zu der Zeit auch noch nicht gelernt, dass man besser immer Tatortreiniger im Auto haben sollte. Aus diversen Gründen.
Was ich aber in Lektion eins gelernt hatte: „geht jagen“ beim Windhund bedeutet, dass man mindestens eine Thermoskanne Tee oder Schnaps, viel Essen und noch mehr Geduld und einen Regenschirm mitnehmen sollte. Oder man nimmt diese kleinen, aber bedeutungsschwangeren Juwelen der verbalen Handlungsanweisungen ernst und lässt seinen Köter in solchen Gebieten einfach nicht von der Leine.
Die erste von den drei Jagd-Lektionen hatte ich also. Gelernt habe ich leider erst einige Lektionen später.
Quelle: https://www.facebook.com/arschlochhund
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Nur wer einmal seinen Windhund jagen gesehen hat, der weiß, was er an der Leine hat!
Michaela
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