*Ein Krebstest auf vier Pfoten

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Chrisi3506
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*Ein Krebstest auf vier Pfoten

Beitrag von Chrisi3506 »

Ein Krebstest auf vier Pfoten

Hunde können aus der menschlichen Atemluft erschnüffeln, ob jemand einen Lungentumor hat oder nicht.
Hunde - die besten Spürnasen der Welt. Foto: Julian Stratenschulte / dpa

Für viele Patienten mit Lungenkrebs ist die Diagnose gleichbedeutend mit einem Todesurteil. Zwar steigen die Chancen, die bösartige Erkrankung zu überleben, wenn die Geschwulst noch keine Tochterzellen gestreut hat. Doch in der Praxis wird ein Lungenkrebs meist nur zufällig im Frühstadium erkannt, denn eindeutige, immer vorhandene Krankheitszeichen gibt es nicht. Deshalb suchen Wissenschaftler intensiv nach Methoden, Krebszellen zu entdecken, solange der Tumor noch auf ein kleines Gebiet in der Lunge begrenzt ist. Möglicherweise gelingt dies zukünftig über eine Luftprobe, die vom Patienten ausgeatmet wird.

Flüchtige Bestandteile

Bereits 1971 hatte der zweifache Nobelpreisträger Linus Pauling herausgefunden, dass menschlicher Atem eine Art chemischer Mikrokosmos ist. Neben den üblichen Bestandteilen der Atmosphäre enthält die Atemluft zahlreiche flüchtige organische Komponenten. Mehr als 340 sogenannte volatile organic compounds (VOC) sind zwischenzeitlich identifiziert worden. Die meisten von ihnen liegen in unvorstellbar geringer Konzentration vor: typischerweise ein Molekül auf eine Trillion anderer Luftbestandteile. Da versagen selbst höchst empfindliche Nachweisverfahren wie die Gaschromatographie.


Abhilfe schaffen sollen elektronische Spürnasen. Die Geräte sind vollgepackt mit High-Tech-Sensoren, die charakteristische, also mit bestimmten Krankheiten assoziierte, VOC-Muster identifizieren sollen. Elektronische Spürnasen sind aber nicht nur teuer. Die Gewinnung von Gasproben am Patienten ist ausgesprochen umständlich, und die Trefferquote schwankt erheblich von Instrument zu Instrument.
Eine kürzlich von deutschen Lungenfachärzten durchgeführte Studie führte zu der deprimierenden Schlussfolgerung, dass die Messergebnisse elektronischer Spürnasen von physikalischen Faktoren abhängen, die nicht beeinflusst werden können. So hat beispielsweise die Zusammensetzung der Luft, die der Patient eingeatmet hat, Einfluss auf das Messergebnis. Selbst bei der Verwendung eines bestimmten Gerätetyps ist dadurch die Streuung inakzeptabel hoch.

Hunde: Die ungeschlagenen Spürnasen

Eine Gruppe von Lungenfachärzten aus Baden-Württemberg hatte die Idee, eine Spürnase für die Entdeckung von VOC einzusetzen, die in der Natur ihresgleichen sucht: das Riechorgan des Hundes. Auf medizinischen Kongressen war immer wieder einmal kolportiert worden, dass Hunde bestimmte Krankheiten erschnüffeln können.
Rainer Ehmann, ein Stuttgarter Lungenfacharzt, griff diesen Hinweis auf und begann nach Kollegen zu suchen, die bereit waren, dem Phänomen auf den Grund zu gehen. „Ich hielt die Idee, dass Hunde Lungenkrebs erschnüffeln können, für vollkommen abwegig“, sagt Thorsten Walles, Lungenchirurg am Schillerhöhe-Krankenhaus in Gerlingen und Ko-Autor der im European Respiratory Journal veröffentlichten Untersuchung.
„Eigentlich war meine Intention, eine absurde Hypothese nach allen Regeln der Kunst zu widerlegen.“ Deshalb dachte er sich ein Studiendesign aus, das alle nur denkbaren Variablen berücksichtigte, die eine Hundenase beeinflussen können.

Zuerst ließen die Forscher zwei deutsche Schäferhunde, einen australischen Schäferhund und einen Labrador von einem professionellen Hundetrainer auf Duftproben abrichten, die von nachweislich an Lungenkrebs erkrankten Patienten ausgeatmet worden waren.
Dazu mussten die Patienten in ein Kunststoffvlies pusten, das mit unterschiedlichen Silikonölen imprägniert worden war. Anschließend wurden die Vliesstreifen in einem hermetisch verschlossenen Glasröhrchen deponiert, das für die Hundenase kurz geöffnet wurde. War der Hund seiner Sache sicher, so legte er sich auf den Boden, die Nase in Richtung des verdächtigen Objektes gewandt. Nahm das Tier eine andere Stellung ein, wurde der Versuch als Versager gewertet. Spätestens nach 35 Proben hatten die Hunde gelernt, was sie erschnüffeln sollten.

Enorme Trefferquote

In der eigentlichen Studie wurden den vierbeinigen Detektiven 220 Duftproben vorgesetzt. 60 stammten von Patienten mit nachgewiesenem Lungenkrebs und 50 von Patienten mit einer obstruktiven Lungenkrankheit, beispielsweise einer Entzündung der Bronchien. Derartige Erkrankungen sind bei Rauchern häufig, die wiederum die größte Gruppe innerhalb der Lungenkrebspatienten darstellen. Komplettiert wurde die Testbatterie durch die Atemluft von 110 gesunden Personen.
Die Ergebnisse waren frappierend: Die Trefferquote der vierbeinigen Schnüffler lag bei 71 Prozent. Das heißt, von 100 tatsächlich an Lungenkrebs erkrankten Patienten wurden 71 Proben richtig erkannt. Bei dem zweiten diagnostischen Merkmal, dem Aussondern der Atemluft von nicht erkrankten Personen, lagen die Hunde sogar in 93 Prozent der Fälle richtig.

Besonders bemerkenswert fanden die Forscher, dass die Trefferquote bei einem Lungenkrebs in einem frühen Stadium genau so gut war wie bei einem fortgeschrittenen Tumor. Die Hundenase ließ sich auch nicht täuschen, wenn die Atemprobe von einem Raucher stammte oder wenn die Versuchsperson vorher gegessen hatte – Fälle, in denen elektronische Spürnasen meist überfordert sind.

Atemluft von Kranken enthält bestimmte Substanzen

Die Ergebnisse der ungewöhnlichen Studie bestätigen nicht nur den genialen Spürsinn einer Hundenase. Die Daten sind gleichzeitig ein Indiz für die These, dass die Atemluft von Patienten mit Lungenkrebs Moleküle enthält, die ursächlich mit der Erkrankung in Verbindung stehen.
Doch wie kommen diese Substanzen in die Luft? Eine Erklärung basiert auf der Annahme, dass in Tumorzellen bestimmte Stoffwechselvorgänge anders ablaufen als in gesunden Zellen. Dies würde zu geringfügig anderen biochemischen Zwischen- oder Endprodukten führen, die, wenn gasförmig, entweder direkt von einer in einer Bronchie liegenden Tumorzelle in die Atemluft abgegeben werden oder indirekt über die Blutbahn und die Lungenbläschen nach außen gelangen.

Ab ins Hundelabor

Ob die Ergebnisse der Pilotstudie in naher Zukunft in praktische Vorteile für den Patienten umgemünzt werden können, ist noch unklar. Der Chirurg Thorsten Walles sieht in den Daten vorwiegend die Bestätigung eines komplexen Ursache-Wirkungs-Prinzips, dessen einzelne Komponenten noch entschlüsselt werden müssen.
Lungenfacharzt Rainer Ehmann hingegen hat bereits eine Art labormedizinische Hundestaffel vor Augen, an die Proben aus Praxen und Krankenhäusern aus der Umgebung zum diagnostischen Schnüffeln geschickt werden.
http://www.fr-online.de/wissenschaft/lu ... easer.html
Schöne Grüsse Petra

"Man hat nicht ein Herz nur für Tiere oder nur für Menschen
Entweder man hat ein Herz für alle oder keins"
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