Der Placebo-Effekt bei Hunden

Welches Medikament gegen welche Erkrankung? Und was verträgt der Grey und was nicht?
Gesperrt
Benutzeravatar
Chrisi3506
Beiträge: 3756
Registriert: Di 11. Jan 2011, 23:06

Der Placebo-Effekt bei Hunden

Beitrag von Chrisi3506 »

[quote]Der Placebo-Effekt bei Hunden

Placebos sind Scheinarzneimittel, also Substanzen ohne echte Wirkstoffe, die trotzdem psychologische oder physiologische Veränderungen (wie z.B. die Ausschüttung von Endorphinen) bewirken können. Experimente zeigen, dass am Placebo-Effekt sowohl höhere geistige Funktionen, als auch einfache Konditionierungseffekte beteiligt sind.

Der konditionierte Placebo-Effekt basiert auf Assoziationen zwischen einer aktiven Substanz (unkonditionierter Reiz) und bestimmten charakteristischen Eigenschaften der Substanz (Geruch, Geschmack, Farbe) und/oder bestimmten Umweltreizen (Orte, Personen, Verfahren, Rituale), die die Behandlung begleiten (konditionierte Reize). Nachdem die Wirkung der Behandlung mehrfach erfahren wurde, kann die gleiche Behandlung, ohne die aktive Substanz, die gleichen physiologischen und/oder Verhaltenswirkungen als konditionierte Reaktion erzeugen. Dieser Effekt ist möglich, auch wenn die Wirkung der Behandlung unbewusst ist.

Bei Ratten und anderen Labor-Nagetieren wurde der Placebo-Effekt bereit nachgewiesen. Es wurde auch schon eine Studie zum Placebo-Effekt bei Hunden mit Feuerwerk-Angst durchgeführt, die Auswertung beruhte jedoch nur auf der Einschätzung der Halter. Die aktuelle Studie hatte zum Ziel, den Placebo-Effekt durch direkte Verhaltensbeobachtung bei Hunden mit Trennungsproblemen zu untersuchen und setzte dafür den Strange Situation Test (SST) ein. Da optimistischere Menschen anfälliger für den Placebo-Effekt sind, wurde zusätzlich getestet, wie optimistisch/pessimistisch die beteiligten Hunde sind.
_________________________________

Konditionierter Placebo-Effekt verringert Stressreaktion bei Hunden mit Trennungsproblemen

Zusammenfassung. Beim Menschen kann der Placebo-Effekt durch mündliche Informationen und auch durch Konditionierung hervorgerufen werden, wenn nach wiederholter Verabreichung einer Medizin, eine nicht wirksame Substanz, die aussieht wie die vorher verabreichte Medizin, die gleiche Wirkung wie die Medizin hervorruft. Der konditionierte Placebo-Effekt wurde bei Nagetieren bereits nachgewiesen, aber auch der Hund (Canis familiaris) könnte ein viel versprechendes Modell sein.

In unserer Studie wurde das Verhalten der Hunde beobachtet, während sie sich wiederholt, von ihren Besitzern getrennt, in einem unbekannten Raum aufhielten. Die Probanden wurden zunächst ohne vorherige Behandlung (1. Testdurchlauf: Bestandsaufnahme) und dann in einer von zwei verschiedenen Konditionierungsbedingungen getestet:

Nachdem sie entweder ein Beruhigungsmittel (Versuchsgruppe) oder ein nicht-beruhigendes Vitamin (Kontrollgruppe) erhalten hatten, nahmen sie an drei Versuchen, an aufeinander folgenden Tagen teil (2. - 4. Durchlauf).

Schließlich wurden im eigentlichen Test (5. Durchlauf), beide Gruppen von ihren Besitzern getrennt, nachdem sie das Placebo (nicht-beruhigendes Vitamin) erhalten hatten. Die Ergebnisse zeigten eine deutliche Wirkung des konditionierten Beruhigungsmittels. Beim Vergleich der Differenz zwischen Ausgangswert und Versuchswert, zeigten die Hunde der Versuchsgruppe gegenüber der Kontrollgruppe, weniger aktives Stressverhalten (U (26) = 48, p = 0,021) und mehr passives Verhalten (U (26) = 50, p = 0,027).

Wir untersuchten auch den Zusammenhang zwischen der Empfänglichkeit der Hunde für den konditionierten Placebo-Effekt und ihrer optimistischen Erwartungshaltung und fanden eine positive Korrelation (r (12) = 0,697 p = 0,008), was darauf hindeutet, dass optimistischere Hunde besser auf die Placebo-Behandlung ansprechen. Berücksichtigt man frühere Erkenntnisse über die stärkere Reaktion optimistischerer Menschen auf Placebos, sprechen unsere Ergebnisse dafür, Hunde als Modell für ein besseres Verständnis bestimmter Aspekte des Placebo-Phänomens bei Menschen einzusetzen.

Experiment 1: Konditionierter Placebo-Effekt (Siehe Bild 1)

28 erwachsene Hunde mit Trennungsproblemen (15 Rüden und 13 Hündinnen, Durchschnittsalter 1,8 Jahre, 13 verschiedene Rassen, 13 Mischlinge) wurden getestet. Das Experiment - eine Kurzform des SST (Strange Situation Test) mit drei Episoden, die jeweils 2 Minuten dauerten - wurde im Family Dog Project Lab an der Budapester Eötvös Universität in einem den Hunden unbekannten Raum durchgeführt. Vor dem Test konnten Besitzer und Hund den Raum kurz kennenlernen und der Hund ihn für 30 Sekunden erkunden. Die Hunde nahmen insgesamt an fünf Durchläufen des SST teil: (1) Bestandsaufnahme mit Trennung vom Besitzer, (2-4) Konditonierungsdurchläufe mit Sedalin-/Vitaminbehandlung, SST Ablauf wie bei (1), jedoch ohne Trennung, d.h. der Besitzer war anwesend und hielt sich an einer festgelegten Position auf und (5) der eigentliche Test (alle Hunde erhielten die Placebo-Vorbehandlung) mit Trennung vom Besitzer.

In den Konditionierungsdurchläufen erhielten die Hunde 25 Minuten vor den Versuchen entweder ein Beruhigungsmedikament (Sedalin) oder ein Vitamin in einem Stück Leberwurst. Um die Placebo-Wirkung zu erhöhen, wurde zusätzlich ein Behandlungsritual durchgeführt, bei dem den Hunden Schnauze und Pfoten mit klarem Wasser aus einer Sprühflasche eingesprüht wurde, dabei erhielten sie ein weiteres Stück Leberwurst. Im eigentlichen Testdurchlauf erhielten die Hunde vorher alle das Vitamin (Placebo) und die Wasserbehandlung inklusive Leberwurst.

Ausgewertet wurde wie lange sich die Hunde in der Trennungssituation, in der Situation mit Besitzer oder mit Fremden, weniger als 1 Meter von der Tür entfernt aufhielten, ob sie aktives Stressverhalten nahe der Tür (Kratzen, Anspringen usw.), Stressvokalisation (Bellen, Heulen, Winseln usw.) zeigten, sowie ihr passives Verhalten nahe oder weiter entfernt von der Tür (Sitzen, Stehen, Liegen). Da der Besitzer bei den Konditionierungtests anwesend war, zeigten die Hunde hier nur sehr wenig Stressreaktion und vorwiegend passives Verhalten. Die Testwiederholungen veränderte ihr Verhalten nicht. Passives und Stressverhalten der Hunde der Versuchsgruppe veränderte sich zwischen Bestandsaufnahme und Test signifikant.
________

Experiment 2: Optimistische Erwartungshaltung (Siehe Bild 2)

Es nahmen 21 Hunde, 11 Rüden, 10 Hündinnen, 9 Rassen, 8 Mischlinge, alles Teilnehmer der Gruppe aus Experiment 1 teil. Das Experiment wurde 1-26 Monate nach dem ersten Experiment im gleichen Raum wie Experiment 1 durchgeführt, in Anwesenheit von Besitzer und Experimentator.

Die Hunde erhielten zunächst ein Training, in dem sie lernten: Steht der Napf an einer bestimmten Stelle (P), enthält er Wurst, an einer anderen Stelle (N) enthält er keine Wurst. Im Versuch stand der Napf dann an einer ambivalenten Position (in der Mitte zwischen den beiden ursprünglichen Positionen P und N). Ausgewertet wurde die Geschwindigkeit, mit der sich die Hunde dem Napf näherten. Optimisten nähern sich dem Napf auf der ambivalenten Position schneller, da sie die Erwartung haben, dass er Wurst enthielt.

Quelle: "Conditioned placebo effect in dogs decreases separation related behaviours" Sümegi, Zsófia; Gácsi, Márta; Topál, József; doi: 10.1016/j.applanim.2014.07.005, Applied Animal Behaviour Science 2014/07/31, http://www.appliedanimalbehaviour.com/a ... 9/abstract[/quote]

Zur Diskussion
viewtopic.php?f=213&t=9073
Gesperrt

Zurück zu „Medikamente“