Konditionierungsformen von Verhalten

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Konditionierungsformen von Verhalten

#1 Beitrag von Galgo-Podenco » Di 22. Mär 2011, 00:38

Lernverhalten & Konditionierung


Hunde lernen – wie wir Menschen auch – hauptsächlich über Assoziation. Das bedeutet, dass verschiedenen Ereignisse und Vorgänge miteinander in Verbindung gebracht werden. Zwei Vorgänge, von denen einer einen Reiz darstellt und der andere eine Reaktion, werden miteinander gekoppelt. Es wird eine Verbindung – eine Assoziation – hergestellt.



Klassische Konditionierung

Hierbei handelt es sich um die älteste Lerntheorie, die nach wie vor in der Psychologie von Bedeutung ist. Diese Theorie ist unabdingbar mit dem Experiment des russischen Physiologen Pawlow verbunden.
Das Experiment des „Pawlowschen Hundes“ hat gezeigt, wie ein Hund ein bekanntes Verhalten so abgeändert hat, dass es nun von einem Reiz ausgelöst wurde, der zuvor für den Hund keinerlei Bedeutung hatte. Das Experiment war folgendermaßen aufgebaut:

Der "Pawlowsche Hund" : Ein Hund bekommt Futter (=unkonditionierter, natürlicher Reiz), daraufhin reagiert er mit Speichelfluss (=natürliche Reaktion).
Immer wenn ihm nun Futter gezeigt wird, ertönt gleichzeitig ein Glockenton (= neutraler Reiz). Der Ton löst selbst noch keinen Reiz beim Hund aus, aber auf das Futter reagiert er wie gehabt mit Speichelfluss. Dies wird mehrere Male wiederholt. Am Ende verknüpfte der Hund den Glockenton mit dem Futterreiz, auch wenn er den Ton hört, ohne dass ihm Futter gegeben wird.

Zuvor löste der Glockenton keinerlei Reaktion aus, aber durch die Verbindung mit einem natürlichen Reiz und dem Reflex des Hundes (Futter und Speichelabsonderung) hat er gelernt, diese Reaktion nun auch bei dem Ton zu zeigen. Der neutrale Reiz des Glockentons wurde zu einem konditionierten, erlernten Reiz, der nun eine gelernte Reaktion hervorruft.


Schema der klassischen Konditionierung
1. Unkonditionierter, natürlicher Reiz --> natürliche Reaktion
2. Neutraler Reiz + natürlicher Reiz --> natürliche Reaktion (mehrmalige Wdh.)
3. Gelernter Reiz --> gelernte Reaktion
· Neutraler Reiz wird zum gelernten, konditionierten Reiz, die natürliche Reaktion wird zu einer gelernten, konditionierten Reaktion.

In der psychologischen Literatur wird neben diesem Experiment immer wieder ein berühmtes Beispiel von Watson und Rayner (1920) angeführt:

Der kleine Albert: Albert wurde einem Reiz ausgesetzt, der bei ihm Furcht hervorrief: hinter seinem Rücken wurde ein lautes Geräusch (natürlicher Reiz) erzeugt, auf das er mit großem Erschrecken und Angst (natürliche Reaktion) reagierte. Anschließend wurde ihm ein vertrautes Kuscheltier (neutraler Reiz) angeboten, aber immer, wenn er danach greifen wollte, ertönte der Lärm hinter ihm. Bereits nach 7 Wiederholungen hatte er das Tier mit der Reaktion der Furcht verknüpft und traute sich nicht mehr, mit dem Stofftier zu spielen, selbst wenn kein Lärm hinter ihm ertönte. Er zeigte nun große Angst (gelernte Reaktion) vor dem Tier (gelernter Reiz).

Damit der neutrale Reiz tatsächlich zu einem gelernten Reiz wird, der eine gelernte Reaktion hervorruft, ist es wichtig, dass die Kombination des natürlichen, bekannten mit dem neutralen Reiz zeitlich sehr nah beieinander liegen oder im besten Falle gleichzeitig dargeboten wird.

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Instrumentelle Konditionierung (auch operante Konditionierung)

Bei dieser Form der Konditionierung wird erwünschtes Verhalten, immer wenn es auftritt, mit einem positivem Reiz verstärkt (Stimml. Lob/Leckerlie/Spiel, etc.). Das Verhalten wird also nicht absichtlich von außen durch einen Reiz herbeigeführt, sondern es tritt zufällig auf. Und genau in diesem Moment wird ein positiver Stimulus eingesetzt, um die Wahrscheinlichkeit für das weitere Auftreten dieses gewünschten Verhaltens zu erhöhen. So lässt sich Verhalten auch durchaus zuverlässig aufbauen oder verändern. Selbst in schwierigen Situationen kann so in kleinen Schritten ein erwünschtes Verhalten ausgebaut werden. Für diese Form der Konditionierung ist eine sehr gute Beobachtungsgabe und sehr schnelles Timing unabdingbar. Der Lernprozess dauert jedoch länger als bei der klassischen Konditionierung, ist aber für sehr unsichere oder auch ängstliche Hunde oft die vorteilhaftere Variante.


Schema der instrumentellen Konditionierung am Beispiel HZ „Platz“
Der Hund verknüpft einen Reiz (Kommando) mit einem Verhalten und durch Bestätigung formt sich daraus dann eine Gewohnheit (=Gehorsam)
Angezeigtes Verhalten Hund – Signal/HZ + Lob – Verknüpfung -
1. Hund geht ins Körbchen - Hund legt sich hin --> HZ „Platz“ + Lob/Leckerlie
2. Hund ist im Garten - Hund legt sich hin --> HZ „Platz“ + Lob/Leckerlie
Wiederholt man diese Platzübungen über einige Zeit, verknüpft der Hund diese eine spezielle Handlung mit dem gewünschten HZ (Konditionierung)

Beide Ausbildungsformen können sich auch häufig vermischen und müssen nicht unbedingt in Konkurrenz zueinander stehen.

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Generalisierung (Verallgemeinerung)

Hunde lernen stark orts- und situationsbezogen (kontextspezifisch). D.h. z.B. ein Kommando, daß der Hund im Garten zuverlässig ausführt, muß er an anderen Orten und unter anderen situationsbedingten Umständen neu erlernen. Erst wenn mit dem Hund an verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Situationen das Kommando trainiert, wird es generalisiert.

Bei allen schönen Lerntheorien sollte man allerdings die genetische Veranlagung einer Hunderasse unbedingt berücksichtigen! Nicht alles läßt sich mal eben so "hin und weg konditionieren". Genetische Veranlagungen sind oftmals starke Triebe, die sich nur kontrollieren lassen, aber nicht umkonditionieren.

Text & Copyright 2008 Kathrin Korthauer
Liebe Grüße

Kathrin mit Ginger, Blanca, Santos, Klein Elmar & Jaroff
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Re: Konditionierungformen von Verhalten

#2 Beitrag von JustGalgo » Mo 11. Apr 2011, 12:46

Hallo Kathrin,

seh gerade, das wir in deinem super Beitrag noch gar keinen Kommentar geschrieben haben !

Vielen Dank, das Du uns die Info zur Verfügung stellst.

Konditionieren kann man ja alles mögliche - wer von Euch arbeitet damit und wie ?
Schöne Grüsse Petra :-)
mit Galgos, Whippet, Saluki & Chinesen


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Re: Konditionierungformen von Verhalten

#3 Beitrag von Tom » Sa 14. Jul 2012, 10:23

toller bericht und sehr verständlich und übersichtlich dargestellt.

"up_2"

besonders die generalisierung finde ich sehr interessant und wichtig.
viele hunde lernen auch sehr personenbezogen, wie u.a. unsere windhunde.

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